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Nachhaltigkeit – wo bleibt die Strategie?

Anne Katrin Koch, Vorständin der bag arbeit und Geschäftsführerin des Netz-Werks e.V. Mittweida, bezieht Stellung.

Nachhaltigkeit – Wo bleibt die Strategie?

Kaum ein Begriff hat sich in den letzten Jahren so stark entwickelt wie der Begriff „Nachhaltigkeit“.

Im arbeitsmarktpolitischen Sektor reden wir beispielsweise über nachhaltige Konzepte, nachhaltige Integrationen, Maßnahmen zur wirksamen und nachhaltigen Entwicklung von Kunden des SGB II/III-Bereiches, nachhaltiges, langfristiges Handeln der Jobcenter und vieles mehr. Doch was ist Nachhaltigkeit eigentlich?

Bemüht man die Literatur, finden sich zahlreiche Definitionsangebote mit folgenden grundsätzlichen Gemeinsamkeiten:

  • Nachhaltigkeit ist stets auf Gegenwart und Zukunft ausgerichtet
  • Ressourcen sind zu schützen und
  • deren Fortbestand soll kurz- und langfristig sichergestellt werden.

Zusammengefasst, vereinfacht und auf den sozialen Aspekt bezogen, kann Nachhaltigkeit somit als eine Form des Handelns verstanden werden, die gegenwärtigen und zukünftigen Generationen vergleichbare oder bessere Lebensbedingungen sichern soll.

Wieviel Nachhaltigkeit steckt nun drin, in unserer Arbeitsförderpolitik? Wo bleibt die Strategie?

Wir haben ein Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik und eines für Verwaltung, gegenseitig deckungsfähig, aber nur einseitig  strapaziert, wir haben statistisch gesehen weniger Arbeitslose, und (natürlich) auch weniger Geld um mit diesen zu arbeiten, wir haben eine bunte Metamorphose von Eingliederungsinstrumenten und eine weniger bunte von Menschen ohne Teilhabechancen, wir haben viele gesetzliche Änderungsansätze, aber wenig nachhaltige Ergebnisse, wir haben viel Bürokratie und zu wenig Vertrauen.

Im Kürzungseifer der öffentlichen Haushalte wird oftmals dort gespart, wo der verengte Blick auf Zahlen eigentlich sinnlos, ja sogar kontraproduktiv ist, denn „…das wertvollste Kapital ist das Kapital, das in Menschen investiert ist“ formulierte der britische Volkswirt Alfred Marshall bereits 1890 in seinem Werk „Principles of Economics“.

Der Rückgang der Investitionen in Menschen ohne Arbeit bzw. ohne Ausbildung ist dabei auch nicht mit dem Rückgang der registrierten Arbeitslosen zu erklären, wie er auch im Widerspruch zu dem zunehmend beklagten Mangel an Fachkräften und den unerledigten (zusätzlichen) Aufgaben in Kommunen und Gemeinden steht.

Nachhaltigkeit ist eine komplexe Managementaufgabe und sie lässt sich nicht mit ein paar staatlichen Verordnungen und Begrifflichkeiten erledigen. Sie darf auch nicht mit Dirigismus und Planwirtschaft verwechselt werden. Die Integration in den Arbeitsmarkt hört nicht auf, wenn die Menschen einen Job gefunden haben.

Eine zukunftsfeste und nachhaltige Arbeitsförderpolitik erfordert die Abgabe eines klaren politischen Willens und bedarf ehrlicher Analysen, verlässlicher Instrumente, einer auskömmlichen und längerfristigen Finanzierung, ordentliches Tempo bei Korrekturbedarfen und Vertrauen in die Fachkompetenz und Zuverlässigkeit der arbeitsmarktpolitischen Dienstleiter. Sie bedarf einer wahlperiodenübergreifenden Strategie.

Der Text ist erschienen im: Forum 02|2017 – Zukunftsfeste Arbeitspolitik

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