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Deutsch Lernen auf dem Land

Handlungsempfehlungen der Friedrich Ebert Stiftung für die Sprachförderung von Migrant*innen in Deutschland.

Für viele Neuzugewanderte und nach Deutschland Geflüchtete stellen sie meist den ersten wichtigen Schritt in die Ankunftsgesellschaft dar: die Integrationskurse.

Aus Bundesmitteln finanziert und dezentral durchgeführt, wurden diese Angebote in den letzten Jahren stark ausgebaut und erreichen jedes Jahr mehrere Hunderttausende Menschen, die an ihnen freiwillig oder auch aufgrund rechtlicher Bestimmungen verpflichtend teilnehmen. Ergänzt werden sie durch spezielle berufsbezogene Deutschkurse.

Mittlerweile steht eine ganze Bandbreite an unterschiedlichen Kursmodellen zur Verfügung, die auf die vielfältigen Lernvoraussetzungen der einzelnen Lernenden zugeschnitten sind. So existieren im Portfolio des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, das für die Kurse verantwortlich ist, z.B. Intensivkurse und Alphabetisierungskurse, Kurse für Jugendliche oder auch für Eltern bzw. speziell für Mütter.

Natürlich sollen diese Angebote eigentlich in der Fläche verfügbar sein und auch diejenigen erreichen, die jenseits der größeren Städte leben. Doch gerade in ländlichen Räumen behindern verschieden Faktoren diese Zielerreichung.

Eine neue Studie analysiert die Faktoren, die sich in ländlichen Gebieten für die effiziente und erfolgreiche Teilnahme an einem Deutschkurs stellen und entwickelt konkrete Handlungsempfehlungen. Dabei liegt ihr Fokus auf den aus Bundesmitteln geförderten Angeboten, es werden aber auch andere, aus Mitteln der Bundesländer finanzierte Kursangebote in die Betrachtung miteinbezogen. Anhand von qualitativen Daten, die mit Schwerpunkt auf die Bundesländer Sachsen und Baden-Württemberg erhoben wurden, zeigen die Autorinnen:

    • Der ländliche Raum muss im Hinblick auf die Durchführungsbedingungen für Integrationskurse viel differenzierter als bisher betrachtet werden.
    • Kleine Änderungen im Prozedere, wie z.B. die Vereinfachung der Fahrtkostenabrechnung für Kursteilnehmende, könnten die Abläufe und damit den Erfolg der Kurse deutlich positiv beeinflussen.
    • Fehlende Kinderbetreuung und erschwerte Mobilität sind zentrale Hemmnisse für die Teilnahme an Sprachkursangeboten – insbesondere für  Frauen.
    • Es fehlt bisher an Angeboten für Migrant_innen in Arbeit, einer wachsenden Teilmenge der Zielgruppe der Kurse.
    • Verstärkter Austausch und eine Ergänzung zwischen Sprachkursangeboten des Bundes, der Bundesländer wie auch der kommunalen Ebene wären ein Gewinn. Der Koordination dieser Angebotsvielfalt kommt eine wichtige Rolle zu, die es zu fördern gilt.

Viele der Problematiken, die sich im Zusammenhang der Deutschsprachförderung in ländlichen Gebieten stellen, sind struktureller Natur und betreffen die gesamte Bevölkerung in diesen Regionen. Auch das wird in der Studie deutlich.

Migrant_innen und Geflüchtete sind hiervon jedoch noch einmal stärker betroffen, da sie zumeist über weniger informelle Netzwerke und Ressourcen verfügen, die dabei helfen können, diese Probleme abzufedern. Fehlende oder nicht ausreichende Kinderbetreuung und eingeschränkte Möglichkeiten der Mobilität sind hierfür konkrete Beispiele.

Dabei kann der verbesserte Zugang zu Angeboten der Deutschsprachförderung für Migrant_innen und Geflüchtete auch ein wichtiger Baustein sein, um diese Menschen in – teilweise stark überalterten – Regionen zu halten und eine Abwanderung in Richtung der Städte zu vermeiden. Denn Sprache ist noch immer der zentrale Schlüssel zur Integration in die Gesellschaft vor Ort und den Arbeitsmarkt, das wissen auch die meisten Migrant_innen und Geflüchteten. Gewährt ihnen ein passendes Sprachkursangebot vor Ort den Zugang zu dieser Ressource, dann kann auch der ländliche Raum Deutschlands für sie zur neuen Heimat werden.

Deutsch lernen auf dem Land – Handlungsempfehlungen für die Sprachförderung von Migrantinnen und Migranten in Deutschland


Wir berichteten:
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