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Abschlussbericht: Folgen des Mindestlohns für die Saisonbeschäftigung

Der gesetzliche Mindestlohn wurde in Deutschland am 1. Januar 2015 eingeführt. Mit dieser Lohnuntergrenze soll gewährleistet sein, dass Personen, die Vollzeit arbeiten, von ihrem Einkommen ohne zusätzliche staatliche Unterstützung leben können. Außerdem soll damit ein Unterbietungswettbewerb im Lohnbereich verhindert werden. Im Auftrag der Mindestlohnkommission untersuchte Prognos zusammen mit QMR die Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns auf Saisonarbeitskräfte und deren Arbeitgebende. Betrachtet wurden die Branchen Landwirtschaft und Gastgewerbe, bei denen Saisonarbeit traditionell von großer Bedeutung ist und die in besonderem Maß vom Mindestlohn betroffen sind.

Kernergebnisse

Die Einführung des Mindestlohns hat durch die Festsetzung einer allgemeingültigen Lohnuntergrenze vor allem in der Landwirtschaft grundsätzlich zu einer Verbesserung der Situation von Saisonbeschäftigten und zu einer Angleichung der Wettbewerbsbedingungen auf dem nationalen Arbeitsmarkt geführt. Die befragten Saisonbeschäftigten berichten von einer Erhöhung ihrer Rechtssicherheit und empfinden den Mindestlohn als „Akt der Fairness“.

Die Höhe der Bruttostundenlöhne ist den Studienergebnissen zufolge mit der Einführung des Mindestlohns in der Landwirtschaft deutlich, im Gastgewerbe moderat gestiegen. Im Vergleich zu den Bruttolöhnen haben sich die Nettolöhne deutlich weniger stark entwickelt. Hier spielen diverse Ausweichreaktionen, wie z. B. die Anrechnung von Kosten für Unterkunft und Verpflegung, eine Rolle. Betriebsleitungen berichten aufgrund des Mindestlohns von einem deutlichen Anstieg der Lohnkosten.

Die im Zuge des Mindestlohngesetzes erweiterten Dokumentationspflichten sorgen für eine häufigere, aber nicht flächendeckende Beachtung der gesetzlich geregelten Höchstarbeitszeiten. Die gestiegene Compliance bereitet im Arbeitsalltag erhebliche Probleme, da beispielsweise pflückreifes Obst naturgemäß nur in sehr kurzen Zeitfenstern geerntet werden kann.

Weitere betriebliche Anpassungsreaktionen auf das Mindestlohngesetz reichen von höheren Leistungserwartungen an die Saisonkräfte über die Reduktion von arbeitsintensiv bewirtschafteten Anbauflächen bis hin zur stärkeren Mechanisierung. Eine Kompensation der gestiegenen Lohnkosten mittels höherer Absatzpreise ist aufgrund des starken internationalen Wettbewerbs insbesondere in der Landwirtschaft kaum möglich.

Die Auswirkungen weiterer Anhebungen des Mindestlohns werden in beiden Branchen kritisch, in der Landwirtschaft jedoch massiv eingeschätzt. Die befragten Leitungen landwirtschaftlicher Betriebe und mehrere überbetriebliche, arbeitgebernahe Akteure rechnen bei einer weiteren Mindestlohnerhöhung unter anderem mit einem deutlichen Rückgang des Sonderkulturanbaus in Deutschland und der Verstärkung von Konzentrationstendenzen.

Zum Abschlussbericht der Studie: Gesetzlicher Mindestlohn und Saisonbeschäftigung | prognos

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18/07/2022 IAB-Stellungnahme: Erhöhung des Mindestlohns
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