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Arme Haushalte immer tiefer unter der Armutsgrenze

In Deutschland nimmt die Einkommensungleichheit weiter zu. Das zeigt der diesjährige WSI-Verteilungsbericht.

Die Schere bei den verfügbaren Einkommen hat sich in Deutschland weiter geöffnet, die Einkommensungleichheit befindet sich trotz der über Jahre guten wirtschaftlichen Entwicklung auf einem historischen Höchststand. Das zeigen übereinstimmend Berechnungen mit unterschiedlichen statistischen Maßen zur Einkommensverteilung. So lag der Gini-Koeffizient, das gebräuchlichste Maß für Ungleichheit, Ende 2016 sogar noch um zwei Prozent höher als 2005 – dem Jahr, das unter Forschern nach einem drastischen Anstieg der Einkommensspreizung seit Ende der 1990er Jahre als besonders „ungleich“ gilt. Zwei Faktoren haben die materielle Ungleichheit in den vergangenen Jahren vor allem wachsen lassen: Hohe Einkommensgruppen haben von sprudelnden Kapital- und Unternehmenseinkommen profitiert und dadurch die große Mehrheit der Haushalte in Deutschland beim verfügbaren Einkommen deutlich hinter sich gelassen. Gleichzeitig sind die 40 Prozent der Haushalte mit den geringsten Einkommen zurückgefallen – auch gegenüber der Mitte, deren Einkommen wiederum durch die gute Arbeitsmarktlage und spürbare Lohnsteigerungen real solide zunahm. Dementsprechend liegt die Armutsquote ebenfalls auf hohem Niveau. Und die Armutslücke, sie beschreibt das Jahreseinkommen, das armen Haushalten rechnerisch fehlt, um die Armutsgrenze von 60 Prozent des mittleren Einkommens zu überschreiten, ist zwischen 2011 und 2016 preisbereinigt um 29 Prozent gewachsen: Um 779 Euro auf mehr als 3400 Euro. Zu diesen Ergebnissen kommt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Basis der Studie sind die aktuellsten vorliegenden Daten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP), der größten repräsentativen Panel-Befragung in Deutschland, für die jährlich über 25.000 Menschen in Deutschland interviewt werden.

Trends der Ungleichheit im Bild: Das Video der Stiftung visualisiert die zentralen Ergebnisse des Verteilungsberichts in 2 Minuten.