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Beruflich erfolgreich mit Kind? Was Alleinerziehende für „Gute Arbeit“ brauchen

Gisela Pfeifer-Mellar, Vorständin der bag arbeit und geschäftsführende Vorständin der Goldnetz gGmbH / e.V. in Berlin, bezieht Stellung:

Beruflich erfolgreich mit Kind? Was Alleinerziehende für „Gute Arbeit“ brauchen

In rd. 20% aller Familien in Deutschland leben die Kinder mit nur einem Elternteil – meist den Müttern. 90% der Alleinerziehenden sind weiblich. Ihr Armutsrisiko ist viermal so hoch wie in Paarfamilien – ein Drittel von ihnen ist auf die Grundsicherung angewiesen. Und keine andere Familienform wurde in der Pandemie zusätzlich so sehr gefordert wie die Alleinerziehenden, die geschlossene Kitas, Homeschooling, Krankheiten oder Quarantänen alleine bewältigen mussten – ggf. parallel zum eigenem Job.

Ressourcenknappheit ist Stressfaktor Nr. 1 für Alleinerziehende: Finanzielle Spielräume fehlen ebenso wie zeitliche Puffer für die nötige Regeneration. Limitierte Kinderbetreuung prägt die Lebenssituation Alleinerziehender – für Kinder bis 3 Jahre liegt die Betreuungsquote in Berlin z. B. unter 50%. Drei Jahre ohne Berufstätigkeit mindern aber Selbstvertrauen und Kompetenzgefühl. Auch die Inanspruchnahme von Qualifizierungen ist erschwert – und in der Folge der Einstieg in besser bezahlte Jobs.

Unsere langjährigen Erfahrungen in der Arbeit mit Alleinerziehenden zeigen, dass vor allem drei Voraussetzungen beim Berufseinstieg nutzen: Fokus, Empowerment und eine langfristige, unabhängige Begleitung.

Der Fokus richtet sich auf die Alltagssituation, aber vor allem auf neue Ressourcen – im Rahmen der Kinderbetreuung, persönlicher Netzwerke und weiterer staatlicher Unterstützungen. Noch wichtiger ist der Fokus auf die eigenen Pläne und Kompetenzen, die im Alltag oft weder systematisch formuliert noch bewertet werden können. Hier braucht es Sparringspartnerinnen und ein gutes Setting, um die Arbeit an diesen wichtigen Themen kontinuierlich zu verfolgen.

Durch Empowerment werden Mut und Zuversicht geweckt. Fähigkeiten und Kenntnisse – nicht nur beruflich – werden (wieder)entdeckt und bilden die Basis für das eigene Profil und die künftige Berufstätigkeit.

Die weiteren Schritte sind dann vielfältig: Auswahl einer Qualifizierung, Erarbeitung einer passgenauen Selbstdarstellung in unterschiedlichen Bewerbungsformaten für potentielle Arbeitgeber*innen. … all diese Schritte werden mit einer verlässlichen Begleitung einfacher und beschleunigen den Integrationsprozess.

Doch es braucht noch mehr: Unternehmen, Behörden und Nachbarschaften und nicht zuletzt Politiker*innen, die diese Familienform mit adäquaten Instrumenten stützen und fördern. Die neue ESF-Förderperiode hat gerade begonnen – packen wir es gemeinsam an!

Der Text ist erschienen im: forum_arbeit_02-22_Alleinerziehende

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