Armutsrisiko stagniert, ist aber bei Geflüchteten und Erwerbslosen sehr hoch

Pressemitteilung vom 15. Oktober 2025

Hohe Inflation hat den Anstieg der Bruttostundenlöhne und Haushaltsnettoeinkommen gebremst – Einkommensungleichheit und Armutsrisikoquote stagnieren seit 2020 – Unter Geflüchteten und Erwerbslosen ist Armutsrisiko weit überdurchschnittlich hoch und deutlich gestiegen.

Die hohe Inflation der Jahre 2021/22 hat die Reallöhne und verfügbaren Einkommen in Deutschland erstmals seit 2013 wieder sinken lassen. Gleichzeitig ist aber bei den Bruttostundenlöhnen die Ungleichheit weiter zurückgegangen, was vor allem an den positiven Entwicklungen am unteren Ende der Lohnverteilung liegt. Bei den verfügbaren Einkommen auf Haushaltsebene stagniert hingegen seit 2020 die Ungleichheit ebenso wie die Armutsrisikoquote. Das Armutsrisiko hat vor allem für Erwerbslose und Geflüchtete stark zugenommen. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse der aktuellen Erhebung zur Einkommensverteilung in Deutschland auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP).

Armutsrisiko stagniert, ist aber bei Geflüchteten und Erwerbslosen sehr hoch
Armutsrisiko für Erwerbslose DIW Berlin

Die hohe Inflation hat den langfristigen Trend bei der Entwicklung der Bruttostundenlöhne und Haushaltsnettoeinkommen nicht umkehren können: Beide haben inflationsbereinigt seit 1995 deutlich zugelegt, insbesondere seit 2013. Seitdem ist auch die Ungleichheit der Stundenlöhne stark gesunken, und die Niedriglohnquote liegt wieder auf den Stand des Jahres 2000. „Die verschiedenen Arbeitsmarktreformen wie die Einführung des Mindestlohns scheinen Wirkung zu zeigen – insbesondere in Ostdeutschland“, resümiert Markus M. Grabka, der die Lohn- und Einkommensentwicklung jährlich auswertet. „Die Differenz der Niedriglohnquote zwischen Ost und West hat sich von 19 Prozentpunkten im Jahr 1995 auf nun knapp fünf Prozentpunkte reduziert.“

 

Armutsrisiko für Menschen mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich hoch

Anders sieht es bei den Haushaltseinkommen aus: Dort ist die Ungleichheit seit 1995 gestiegen. Dies liegt zum einen an der steigenden Anzahl der Teilzeitbeschäftigten, die häufig im unteren Lohnsegment arbeiten. Zum anderen sind in den Jahreseinkommen anders als bei den Stundenlöhnen auch die Sonderzahlungen erfasst, die am oberen Ende der Verteilung im Schnitt höher ausfallen. Seit 2020 stagniert die Einkommensungleichheit aber.

 

„Die gute Nachricht ist: Seit 2020 sinkt die Armutsrisikoquote bei Geflüchteten wieder etwas, was der zunehmenden Arbeitsmarktintegration zu verdanken sein dürfte“
Markus M. Grabka

Ähnliches gilt für die Niedrigeinkommensquote oder auch Armutsrisikoquote, die seit 2019 bei rund 17 Prozent liegt. Während sie bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund seit mehr als zehn Jahren bei knapp 13 Prozent liegt, ist sie unter Personen mit Migrationshintergrund mit rund 25 Prozent überdurchschnittlich hoch. Insbesondere Geflüchtete haben ein deutlich erhöhtes Armutsrisiko, das seit 2010 zudem stark zugenommen hat: Die Quote stieg von 42 auf knapp 64 Prozent. „Die gute Nachricht ist: Seit 2020 sinkt die Armutsrisikoquote bei Geflüchteten wieder etwas, was der zunehmenden Arbeitsmarktintegration zu verdanken sein dürfte“, sagt DIW-Ökonom Grabka.

Ebenfalls stark zugenommen hat die Armutsrisikoquote für Haushalte ohne Erwerbstätige. „Es zeigt sich deutlich, dass Arbeit vor Armut schützt“, stellt Grabka fest. „Um die Einkommensungleichheit und das Armutsrisiko zu senken, sollte die Integration bestimmter Gruppen in den Arbeitsmarkt stärker gefördert werden. Auch das Transfersystem müsste reformiert werden, da sich eine Ausweitung der Arbeitszeit gerade im unteren Einkommensbereich kaum im Geldbeutel bemerkbar macht“, empfiehlt Grabka.

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