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Eine Generation in der Krise

Silke Gmirek, geschäftsführende Vorständin der bag arbeit und Geschäftsführerin der GFBM gGmbH, bezieht Stellung in der forum arbeit:

Jugendliche und junge Erwachsene: Eine Generation in der Krise – was braucht sie?

Die Covid-19-Pandemie wirkt sich auf alle Bevölkerungsschichten aus, trifft aber nicht alle gleich: Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene werden langfristig die Folgen spüren, das betrifft Bildung, berufliche Perspektiven und schließt den sozialen Bereich ein. Digitale Formate eroberten in den letzten Monaten die Bildungslandschaft, doch weder Lehrkräfte noch Schüler:innen waren darauf ausreichend vorbereitet, von mangelhafter Infrastruktur ganz abgesehen.

Die jungen Erwachsenen kämpften im Homeschooling mit ihrer Motivation und einher gehender sozialer Isolation. Studien in den Niederlanden zeigen, dass bereits der 8-wöchtige Lockdown im Frühjahr zu einem Lernverlust von einem Fünftel eines ganzen Schuljahres führte! Zur Aufarbeitung dessen hat die Bundesregierung das „Aktionsprogramm Aufholen nach Corona“ mit einem Finanzvolumen von zwei Milliarden Euro auf den Weg gebracht.

Lernrückstände kann man aufarbeiten, aber wie verarbeitet diese Generation die pandemische Situation psychisch? Ca. ein Drittel der Jugendlichen reagiert auf die Pandemie mit negativen Verhaltensänderungen. Wir sprechen von Konzentrationsschwächen, von Zukunfts- und Existenzängsten, von Defiziten in der sozialen Interaktion. Und wie steht es mit der künftigen sozialen Teilhabe, mit der beruflichen Orientierung dieser Generation und deren Übergang in Ausbildung und Arbeit? Die Corona-Krise hat ganze Branchen in wirtschaftliche Nöte gebracht, etliche Kleinunternehmen verschwinden vom Markt. Praktika fanden nicht statt, Jobcenter und Agenturen für Arbeit stellten den Kund:innenkontakt ein. Angebote zur beruflichen Orientierung für Jugendliche und junge Erwachsene sind faktisch eingefroren. Es droht eine steigende Jugendarbeitslosigkeit.

Erste Lösungsansätze machen Hoffnung, aber wir brauchen dringend einen abgestimmten Aktionsplan zur Sicherung von Ausbildungsplätzen, um langfristig die soziale und berufliche Teilhabe junger Erwachsener zu ermöglichen und der Jugendarbeitslosigkeit präventiv entgegenzuwirken.

Wir benötigen Übergangsangebote, pädagogisch begleitete außerschulische Berufsvorbereitungen und Ausbildungen in überbetrieblichen Einrichtungen, in denen auch die psychischen und sozialen Folgen der Pandemie verarbeitet werden können. Dafür müssen verstärkt Mittel der Jugendberufshilfe zur Verfügung gestellt werden. Diese Angebotsformate ermöglichen eine individuelle Förderung, die Einbeziehung des sozialen Umfelds und Aufarbeitung der Folgen der Corona-Krise im Übergang Schule-Beruf. Wir müssen heute investieren, damit wir die Jugendlichen und jungen Erwachsenen im gesellschaftlichen Kontext langfristig einbeziehen.


Der Text ist erschienen im: forum arbeit 02/2021 – Berufsperspektiven für junge Menschen

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