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Hausbesuche bei Arbeitslosen

 

Der Text ist erschienen in: forum arbeit 03-23



von Andreas Hammer

Die seit 1.7.2023 geschaffene „ganzheitliche Betreuung“ (§ 16k SGB II) zum Beschäftigungsaufbau sieht ausdrücklich eine aufsuchende Arbeit vor. In der Regel wird eine „aufsuchende“ Arbeit als Hausbesuch umgesetzt. Im folgenden wird auf einige Besonderheiten von Hausbesuchen eingegangenen. 

 

Gründe für einen Hausbesuch

Hausbesuche müssen indiziert sein. Die im Kooperationsplan getroffenen Feststellungen sollten hinterfragt werden. Das heißt im Umkehrschluss, dass es auch Ausschlussgründe für einen Hausbesuch gibt.

Phasen 

Für die „ganzheitliche Betreuung“, die Hausbesuche nutzt, können drei Phasen unterschieden werden:

  • Kontaktphase
  • Handlungsphase
  • Ablösungsphase

Die Dauer der Kontaktphase darf nicht zu kurz ausfallen, auch wenn die Zustimmung der zu Betreuenden gegeben ist und der Erwartungsdruck „von oben“ hoch ist. Denn: Der Vertrauensaufbau findet vor dem Hausbesuch statt, und nicht währenddessen. 

 

Methodische Aspekte

Im folgenden werden einige methodische Hinweise gegeben, die sich vor allem auf die Kontaktphase beziehen.

 

  1. Vorbereitung: Vor dem Hausbesuch sollten Sie sich gut auf die Situation vorbereiten. Informieren Sie sich über den Hintergrund der Teilnehmenden,ihre individuellen Bedürfnisse und eventuelle besondere Umstände. Stützen Sie sich dabei nicht nur auf die Aussagen des Jobcenters.
  2. Kommunikation: Stellen Sie sicher, dass Sie klare Kommunikationskanäle mit dem Teilnehmenden etablieren. Vereinbaren Sie im Voraus einen Termin und klären Sie den Zweck des Hausbesuchs. 
  3. Vertrauensaufbau: Es ist wichtig, Vertrauen aufzubauen, um eine offene und ehrliche Kommunikation zu ermöglichen. Zeigen Sie Empathie und respektieren Sie die Privatsphäre der Teilnehmenden. Bieten Sie Unterstützung und Ressourcen an, um ihnen bei der Bewältigung seiner Situation zu helfen. 
  4. Zielsetzung: Definieren Sie mit den zu Betreuenden gemeinsam klare, realistische und erreichbare Ziele für den Hausbesuch. Welche Informationen sollten dafür gesammelt werden, welche Unterstützung können Sie anbieten?
  5. Dokumentation: Halten Sie während des Hausbesuchs wichtige Informationen und Beobachtungen schriftlich fest. Dies ermöglicht eine spätere Auswertung und eine kontinuierliche Begleitung der Teilnehmenden.
  6. Nachbereitung: Nach dem Hausbesuch sollten Sie Zeit für eine Nachbesprechung einplanen. Reflektieren Sie den Besuch und überlegen Sie, welche weiteren Schritte erforderlich sind. Halten Sie gegebenenfalls Kontakt zu anderen relevanten Stellen oder Organisationen, um den Teilnehmenden weitere Unterstützung zu bieten.

 

Ethische Aspekte

Bei Hausbesuchen bei Leistungsberechtigten sind verschiedene ethische Aspekte zu beachten. Hier sind einige wichtige Punkte, die teilweise auch eine rechtliche Voraussetzung darstellen:

  1. Respekt: Respektieren Sie die Würde und Privatsphäre der zu Betreuenden. Stellen Sie sicher, dass Sie keine Informationen preisgeben, die den Ruf der Leistungsberechtigten schädigen könnten.
  2. Freiwilligkeit: Stellen Sie sicher, dass die Teilnahme an §16k SGB auf freiwilliger Basis erfolgt und nicht nur nicht „auf dem Papier“. Stellen Sie zudem sicher, dass  die Teilnehmenden jederzeit ihr Recht nutzen können, den Hausbesuch oder die Maßnahme abzubrechen. 
  3. Vertraulichkeit: Stellen Sie sicher, dass alle Informationen, die während des Hausbesuchs gesammelt werden, vertraulich behandelt werden. Inhalte aus dem privaten Lebensbereich sind vertrauliche Gesprächsinhalte zwischen teilnehmender Person und dem/der BetreuerIn. Eine Einwilligungserklärung zur Datennutzung kann eine Person nur für sich abgeben. Sichern Sie die gesetzlichen Regeln zu Datenschutz, Schweigepflicht und Transparenz hinsichtlich der Dokumentation ab.
  4. Kompetenz: Stellen Sie sicher, dass Sie über die notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten verfügen, um die Teilnehmenden angemessen zu unterstützen. Wenn Sie nicht über die notwendigen Kompetenzen verfügen, sollten Sie die Leistungsberechtigten weiterleiten. 
  5. Transparenz: Stellen Sie sicher, dass die Teilnehmenden über den Zweck des Hausbesuchs und die Art der Unterstützung, die angeboten wird, informiert sind. Seien Sie transparent in Ihrer Kommunikation und vermeiden Sie irreführende oder unklare Aussagen.

 

Herausforderungen

Die Grundregel bei Hausbesuchen ist: Teilnehmende an § 16k-Maßnahmen sind die Gastgeber, die BetreuerInnen sind Gast! Daran ist das Verhalten allgemein und die Gesprächsführung im Besonderen auszurichten. Wird dieses Prinzip nicht durchgängig eingehalten, riskiert man, dass die Haustür zu vereinbarten Terminen nicht geöffnet wird, und schließlich, dass Hausbesuche gar nicht mehr vereinbart werden können. Das schließt nicht aus, das die BetreuerInnen die Gespräche und Themen strukturieren. 

Das methodische Vorgehen bei der Themenbearbeitung sollte das Tun, auch über Rollenspiele, das Reden überwiegen.

Konflikte können bei Hausbesuchen bei Leistungsberechtigten auftreten, insbesondere wenn ihre Bedürfnisse und Erwartungen nicht mit den Zielen des Besuchs übereinstimmen. Hier sind einige mögliche Konflikte und Lösungen in Stichworten.

Zentrale Werte, die hier wirken, sind Respekt und Empathie.

Schlussbemerkung

Es ist wichtig zu beachten, dass die genaue Vorgehensweise bei Hausbesuchen von verschiedenen Faktoren abhängt, wie zum Beispiel dem Zweck des Besuchs, den individuellen Bedürfnissen des Arbeitslosen und den rechtlichen Rahmenbedingungen.

Hausbesuche bei Arbeitslosen als „aufsuchende Arbeit“

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Andreas Hammer hat vor über 30 Jahren den noch bestehenden Träger „Jugendwerkstatt e.V. – Produktionsschule in Baden“ gegründet. Seit vielen Jahren führt er Evaluationen und Fortbildungen durch, berät bei der Drittmittelakquise und Projektkonzipierungen.